Inhaltsverzeichnis
Alles was Sie wissen müssen
Pflegegrad 4
Was Sie wissen sollten
Pflegegrad 4 wird Menschen zugesprochen, die im Alltag stark eingeschränkt sind und dauerhaft auf umfassende Unterstützung angewiesen bleiben. Die Betroffenen benötigen Hilfe bei nahezu allen grundlegenden Tätigkeiten zum Beispiel bei der Körperpflege, beim Ankleiden, bei der Mobilität oder der Einnahme von Medikamenten.
Auf dieser Seite erfahren Sie,
welche Voraussetzungen für Pflegegrad 4 erfüllt sein müssen
welche Leistungen zur Verfügung stehen
wie Sie die verschiedenen Hilfen optimal kombinieren
und wie Sie Pflegehilfsmittel bequem beziehen können
Die Inhalte richten sich sowohl an Pflegebedürftige als auch an Angehörige, die Verantwortung übernehmen oder eine Pflegesituation vorbereiten möchten.
Ziel ist es, Ihnen Orientierung zu geben und dabei zu unterstützen, Pflege zu Hause verlässlich und entlastend zu gestalten.
Voraussetzungen und Begutachtung
Wer erhält Pflegegrad 4
Pflegegrad 4 wird Personen zugesprochen, bei denen eine schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit festgestellt wird. Dies betrifft vor allem Menschen, die im Alltag regelmäßig Unterstützung in mehreren Bereichen benötigen zum Beispiel bei der Körperpflege, der Mobilität, der Ernährung oder im Umgang mit gesundheitlichen Anforderungen.
Die Einstufung erfolgt nach einem Punktesystem
Ob Pflegegrad 4 vorliegt, wird im Rahmen einer Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) bzw. MEDICPROOF (bei Privatversicherten) festgestellt. Dabei werden insgesamt sechs Lebensbereiche bewertet, sogenannte „Module“.
Die Punktzahl ergibt sich aus dem Grad der Einschränkung in den einzelnen Bereichen. Für Pflegegrad 4 ist ein Gesamtwert zwischen 70 und unter 90 Punkten erforderlich.
Die sechs Module im Überblick
Die folgende Tabelle zeigt, welche Lebensbereiche bei der Begutachtung berücksichtigt werden und wie stark sie gewichtet sind:
| Modul | Beispielhafte Inhalte | Gewichtung |
|---|---|---|
| 1. Mobilität | Gehen, Aufstehen, Positionswechsel | 10 % |
| 2. Kognitive und kommunikative Fähigkeiten | Orientierung, Gespräche führen, Risiken erkennen | 15 % |
| 3. Verhaltensweisen und psychische Problemlagen | Nächtliche Unruhe, Ängste, aggressives Verhalten | Wird mit Modul 2 kombiniert |
| 4. Selbstversorgung | Waschen, Ankleiden, Nahrungsaufnahme, Toilettengang | 40 % |
| 5. Umgang mit krankheitsbedingten Anforderungen | Medikamente, Wundversorgung, Arztbesuche | 20 % |
| 6. Gestaltung des Alltags und sozialer Kontakte | Tagesstruktur, soziale Teilhabe, Belastbarkeit | 15 % |
Antrag auf Pflegegrad oder Höherstufung
Der Antrag auf Pflegegrad 4 wird bei der Pflegekasse der jeweiligen Krankenkasse gestellt. Liegt bereits ein Pflegegrad vor, kann bei einer Verschlechterung der Situation auch eine Höherstufung beantragt werden. Eine erneute Begutachtung ist dann notwendig.
Tipp: Bei der Vorbereitung auf die Begutachtung hilft es, eine Pflegedokumentation zu führen am besten über mindestens sieben Tage. Das gibt ein realistisches Bild vom tatsächlichen Pflegebedarf.
Was Ihnen gesetzlich zusteht
Leistungen bei Pflegegrad 4
Mit Pflegegrad 4 erhalten Pflegebedürftige eine Vielzahl von Leistungen aus der Pflegeversicherung. Die genaue Höhe hängt davon ab, wie und wo die Pflege erfolgt zu Hause, im Heim oder in Kombination.
Im Folgenden finden Sie eine Übersicht der wichtigsten Leistungen, die mit Pflegegrad 4 möglich sind.
Leistungen bei Pflegegrad 4 im Überblick
| Leistung | Häusliche Pflege | Stationäre Pflege |
|---|---|---|
| Pflegegeld | 728 € pro Monat | – |
| Pflegesachleistungen | 1.693 € pro Monat | – |
| Kombinationspflege | Individuell aufteilbar | – |
| Entlastungsbetrag | 125 € pro Monat | 125 € pro Monat |
| Pflegehilfsmittel | bis zu 40 € monatlich | – |
| Wohnraumanpassung | einmalig bis zu 4.000 € | nicht vorgesehen |
| Vollstationäre Pflege | – | 1.775 € pro Monat |
Die Leistungen lassen sich kombinieren und flexibel anpassen, zum Beispiel in der Kombinationspflege, bei der ein Teil durch Angehörige und ein Teil durch einen Pflegedienst übernommen wird.
Im nächsten Abschnitt zeigen wir, wie Sie diese Leistungen gezielt für die Pflege zu Hause einsetzen können.
Diese Leistungen stehen Ihnen zu
Pflege zu Hause bei Pflegegrad 4
Pflegegrad 4 ermöglicht eine umfassende Versorgung im häuslichen Umfeld. Viele Familien wünschen sich genau das: Die Pflege soll in vertrauter Umgebung stattfinden, mit möglichst viel Selbstbestimmung und persönlicher Nähe.
Damit dies gelingt, stellt die Pflegeversicherung verschiedene Leistungen zur Verfügung. Diese können individuell kombiniert werden je nachdem, ob Angehörige pflegen, ein ambulanter Dienst hilft oder beides zusammen genutzt wird.
Pflegegeld, Pflegesachleistungen und Kombinationspflege
Wenn die Pflege vollständig durch Angehörige oder Ehrenamtliche übernommen wird, zahlt die Pflegekasse 728 Euro Pflegegeld pro Monat. Wird ein ambulanter Pflegedienst beauftragt, stehen stattdessen 1.693 Euro für Pflegesachleistungen zur Verfügung zum Beispiel für Hilfe beim Waschen, Anziehen oder Lagern.
Auch eine Kombination beider Leistungen ist möglich. Dabei wird das Pflegegeld anteilig gezahlt abhängig davon, wie stark die Sachleistungen ausgeschöpft werden.
Entlastungsbetrag – 125 Euro zusätzlich im Monat
Unabhängig davon, wer pflegt, erhalten Pflegebedürftige monatlich 125 Euro zur Entlastung im Alltag. Das Geld kann etwa für eine Haushaltshilfe, Einkaufshilfe oder Betreuungsangebote verwendet werden. Eine direkte Auszahlung ist nicht möglich, aber viele ambulante Anbieter rechnen direkt mit der Pflegekasse ab.
Pflegehilfsmittel – Monat für Monat ohne Aufwand
Pflegebedürftige haben Anspruch auf bis zu 42 Euro pro Monat für zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel. Dazu gehören zum Beispiel Einmalhandschuhe, Desinfektionsmittel, Bettschutzunterlagen und Schutzschürzen.
auxiliapflege.de bietet Ihnen die Pflegebox als zuzahlungsfreien Service:
Wir liefern die Hilfsmittel monatlich nach Hause, stellen den Antrag bei der Pflegekasse und übernehmen die gesamte Abrechnung.
Verhinderungspflege und Tagespflege
Wenn pflegende Angehörige einmal verhindert sind, können sie bis zu 1.612 Euro jährlich für Verhinderungspflege nutzen zum Beispiel bei Urlaub oder Krankheit. Alternativ kann auch Tagespflege in einer Einrichtung in Anspruch genommen werden. Diese Leistungen können flexibel kombiniert werden, um Pflegende zu entlasten und die Versorgung sicherzustellen.
Hausnotruf
Zusätzlich fördert die Pflegekasse einen Hausnotruf-Dienst mit 25,50 Euro pro Monat, um mehr Sicherheit im häuslichen Umfeld zu schaffen. Die Kosten werden direkt übernommen, sofern eine Notrufvoraussetzung vorliegt (zum Beispiel Alleinleben, Sturzrisiko).
Leistungen die Sie kennen sollten
Pflege im Heim bei Pflegegrad 4
Nicht alle Pflegebedürftigen können oder möchten zu Hause versorgt werden. In manchen Fällen ist die Versorgung in einem Pflegeheim die bessere oder einzige Lösung. Auch mit Pflegegrad 4 übernimmt die Pflegeversicherung einen Teil der Kosten – allerdings nicht alle.
Monatlicher Zuschuss bei vollstationärer Pflege
Pflegebedürftige mit Pflegegrad 4 erhalten von der Pflegekasse einen monatlichen Zuschuss in Höhe von 1.775 Euro für die pflegebedingten Aufwendungen im Heim. Dieser Betrag wird direkt an die Einrichtung gezahlt und dort mit den tatsächlichen Pflegekosten verrechnet.
Was nicht abgedeckt ist: Eigenanteile und Zusatzkosten
Die Pflegekasse übernimmt nicht die gesamten Heimkosten. Bewohnerinnen und Bewohner zahlen zusätzlich:
den einrichtungseinheitlichen Eigenanteil (EEE) für Pflege und Betreuung
Unterkunft und Verpflegung
Investitionskosten der Einrichtung
Diese Eigenanteile sind unabhängig vom Pflegegrad und unterscheiden sich je nach Einrichtung deutlich. Sie können mehrere hundert bis über tausend Euro im Monat betragen.
Staffelung des Leistungszuschlags nach Aufenthaltsdauer
Seit 2022 erhalten Pflegebedürftige in stationären Einrichtungen einen gestaffelten Leistungszuschlag, der den Eigenanteil abmildern soll:
15 Prozent im 1. Jahr
30 Prozent im 2. Jahr
50 Prozent im 3. Jahr
75 Prozent ab dem 4. Jahr
Die Pflegekasse zahlt diesen Zuschlag automatisch, eine Antragstellung ist nicht erforderlich.
Weitere finanzielle Mittel die Sie beziehen können
Zusätzliche Leistungen bei Pflegegrad 4
Neben den regelmäßigen monatlichen Leistungen stehen Pflegebedürftigen mit Pflegegrad 4 auch einmalige oder zeitlich begrenzte Unterstützungsangebote zu. Diese können je nach Situation sehr hilfreich sein etwa nach einem Krankenhausaufenthalt oder bei einer Anpassung der Wohnung.
Kurzzeitpflege – für Übergangssituationen
Wenn eine Pflege zu Hause vorübergehend nicht möglich ist, kann eine stationäre Kurzzeitpflege genutzt werden. Pflegebedürftige mit Pflegegrad 4 haben Anspruch auf 1.774 Euro pro Jahr für eine Unterbringung von bis zu 28 Tagen in einer geeigneten Einrichtung.
Dieser Betrag kann zusätzlich zur Verhinderungspflege genutzt werden oder beide Leistungen lassen sich kombinieren.
Verhinderungspflege – wenn Angehörige verhindert sind
Wird ein pflegender Angehöriger vorübergehend entlastet, etwa durch Urlaub oder Krankheit, übernimmt die Pflegekasse Kosten bis zu 1.612 Euro pro Jahr für eine Ersatzpflege. Voraussetzung: Die Pflegeperson muss den Pflegebedürftigen mindestens sechs Monate gepflegt haben.
Kombiniert mit Restmitteln der Kurzzeitpflege können bis zu 2.418 Euro zur Verfügung stehen.
Wohnraumanpassung – einmalig bis zu 4.000 Euro
Für Maßnahmen, die das Wohnen zu Hause erleichtern, zahlt die Pflegekasse einen Zuschuss von bis zu 4.000 Euro. Dazu gehören unter anderem:
der Einbau einer ebenerdigen Dusche
Haltegriffe und Türverbreiterungen
rutschfeste Bodenbeläge
Leben mehrere Pflegebedürftige in einem Haushalt, kann der Zuschuss auf bis zu 16.000 Euro steigen.
Wichtig: Der Antrag muss vor Beginn der Maßnahme gestellt werden.
Anschubfinanzierung für Pflege-WGs
Wird eine neue ambulant betreute Wohngemeinschaft gegründet, zahlt die Pflegekasse 2.500 Euro pro Person als einmalige Unterstützung. Zusätzlich gibt es einen monatlichen Wohngruppenzuschlag von 214 Euro.
Die Leistungen gelten ausschließlich für ambulant betreute Pflege-WGs mit mindestens drei Pflegebedürftigen.
Pflegegrad 4 im Alltag – ein Fallbeispiel
Um greifbar zu machen, wie die Leistungen bei Pflegegrad 4 im echten Leben wirken, zeigt das folgende Beispiel eine typische häusliche Pflegesituation. Dabei wird deutlich, wie verschiedene Hilfen ineinandergreifen finanziell und organisatorisch.
Beispiel: Herr Mustermann (78), Pflegegrad 4, lebt allein zu Hause
Herr Mustermann lebt in seiner Wohnung im ersten Stock. Nach einem Schlaganfall ist er stark in der Mobilität eingeschränkt und auf regelmäßige Unterstützung angewiesen. Sein Sohn wohnt in der Nähe und übernimmt einen Großteil der täglichen Pflege, wird aber zusätzlich von einem ambulanten Dienst unterstützt.
| Leistung | Nutzung im Alltag |
|---|---|
| Pflegegeld | Anteilige Auszahlung, da Kombinationspflege |
| Pflegesachleistungen | Ambulanter Dienst kommt dreimal pro Woche zur Körperpflege |
| Entlastungsbetrag | Wird für Alltagshilfe beim Einkaufen genutzt |
| Pflegehilfsmittel | Pflegebox mit Handschuhen, Desinfektion und Bettschutz |
| Hausnotruf | Installiert zur Sicherheit in der Wohnung |
| Verhinderungspflege | Wird genutzt, wenn der Sohn im Urlaub ist |
| Wohnraumanpassung | Bodengleiche Dusche mit Pflegekassenzuschuss eingebaut |
Kurz zusammengefasst
An diesem Beispiel wird deutlich: Pflegegrad 4 ermöglicht eine stabile und flexible Pflege zu Hause, wenn die Leistungen sinnvoll genutzt werden. Vor allem die Kombination aus finanzieller Unterstützung, Hilfsmitteln und Entlastungsangeboten trägt dazu bei, die Versorgung dauerhaft zu sichern und pflegende Angehörige zu entlasten.
Beratungsangebote und Schulungen
Zusätzliche Hilfe für Angehörige
Angehörige, die Pflege übernehmen, leisten oft sehr viel. Damit sie gut informiert, vorbereitet und entlastet sind, bietet die Pflegeversicherung begleitende Unterstützungsangebote an. Diese richten sich nicht nur an pflegende Personen, sondern auch an Menschen, die sich auf eine Pflegesituation vorbereiten.
Pflegeberatung nach Antragstellung
Sobald ein Pflegegrad beantragt wurde, besteht Anspruch auf eine kostenlose Pflegeberatung. Diese soll sicherstellen, dass Betroffene und Angehörige frühzeitig über Leistungen und Möglichkeiten informiert sind. Die Beratung kann durch eine Pflegeberaterin der Pflegekasse oder über einen Gutschein bei externen Anbietern erfolgen.
Für Privatversicherte übernimmt die COMPASS Pflegeberatung diese Aufgabe.
Regelmäßige Beratungsbesuche bei Pflegegeldbezug
Wenn Angehörige die Pflege übernehmen und Pflegegeld bezogen wird, ist bei Pflegegrad 4 ein vierteljährlicher Beratungsbesuch verpflichtend. Dieser wird meist durch einen ambulanten Pflegedienst oder eine Beratungsstelle durchgeführt. Ziel ist es, die Qualität der Pflege zu sichern und mögliche Überlastung zu vermeiden.
Pflegekurse für Angehörige
Pflegekurse bieten praxisnahes Wissen für den Alltag. Sie zeigen unter anderem,
wie pflegerische Handgriffe sicher ausgeführt werden
wie mit belastenden Situationen umgegangen werden kann
welche Entlastungsangebote es gibt
Die Teilnahme ist freiwillig, aber sehr empfehlenswert – und unabhängig vom Pflegegrad möglich. Viele Kurse finden in kleinen Gruppen statt oder werden inzwischen auch online angeboten.
Weitere Ansprechpartner & Hotlines
Auch überregional gibt es seriöse und hilfreiche Kontaktstellen:
Bürgertelefon Pflege (Bundesministerium für Gesundheit):
030 / 340 60 66-02 (Mo–Mi 8–16 Uhr, Do: 8–18 Uhr, Fr 8–12 Uhr)
gehoerlos@bmg.bund.de (für hörgeschädigte Menschen)
Onlineplattformen & Pflegewegweiser:
Pflegewegweiser NRW
Deutsche Alzheimer Gesellschaft
Weisse Liste (Bertelsmann Stiftung)
BIVA-Pflegeschutzbund
Krankenkassen-Websites: Viele Pflegekassen bieten digitale Pflegeassistenten, Checklisten und Chatberatung.