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Pflegegrad - alles im Überblick!

Inhaltsverzeichnis

Was ist ein Pflegegrad?

Orientierungshilfe für Betroffene und Angehörige in einer neuen Pflegesituation

Ein Pflegefall tritt oft unerwartet ein, sei es durch eine plötzliche Erkrankung, altersbedingte Einschränkungen oder nach einem Krankenhausaufenthalt. Für viele Familien beginnt dann eine intensive Zeit voller Fragen. Ein Schlüsselbegriff, der schnell ins Zentrum rückt: der Pflegegrad.

Pflegegrad kurz erklärt

Ein Pflegegrad beschreibt, wie stark die Selbstständigkeit einer Person im Alltag eingeschränkt ist und wie viel Hilfe sie dadurch benötigt.

Im Unterschied zu den früheren „Pflegestufen“, die sich an der täglichen Pflegezeit orientierten, steht heute der tatsächliche Unterstützungsbedarf im Vordergrund: körperlich, geistig oder psychisch.

Seit der Umstellung im Jahr 2017 gelten fünf Pflegegrade: von Pflegegrad 1 (leichte Einschränkungen) bis Pflegegrad 5 (schwerste Beeinträchtigungen mit intensivem Pflegebedarf). Diese Einstufung ist die Grundlage für Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung darunter zum Beispiel:

  • 💶 Pflegegeld (bei familiärer Betreuung zu Hause)

  • 🧑‍⚕️ Pflegesachleistungen (bei ambulanter Pflege durch Profis)

  • 🏠 Zuschüsse für Pflegehilfsmittel und Wohnraumanpassung

  • 🏥 Kostenübernahme bei Tages-, Nacht- oder Heimpflege

Warum ist ein Pflegegrad so wichtig?

Ohne anerkannte Einstufung durch die Pflegeversicherung gibt es keinen Anspruch auf finanzielle und organisatorische Unterstützung. Ein Pflegegrad ist damit:

✔️ Der Einstieg in die Pflegeversorgung
✔️ Die Grundlage für Planungssicherheit im Alltag
✔️ Voraussetzung für Pflegezeit, Pflegeunterstützungsgeld und Beratung
✔️ Eine wichtige Entlastung – emotional, organisatorisch und finanziell

Wer bekommt einen Pflegegrad?

Pflegegrade werden nicht automatisch vergeben, sie müssen beantragt werden. Zuständig ist die Pflegekasse, die in der Regel der Krankenkasse angeschlossen ist. Nach Antragstellung folgt eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst (MD) oder MEDICPROOF bei Privatversicherten.

Dabei wird nicht gefragt: Welche Krankheit liegt vor?
Sondern:
Was kann die betroffene Person im Alltag noch selbst leisten – und wobei braucht sie Hilfe?

🔍 Bewertet wird dies in sechs Bereichen, u. a.:

  • Mobilität

  • Kognition & Kommunikation

  • Verhalten

  • Selbstversorgung

  • Umgang mit Therapien

  • Alltagsgestaltung & soziale Kontakte

Aus der Gesamtpunktzahl ergibt sich dann der Pflegegrad.

Ein Pflegegrad ist keine Diagnose

Zwei Personen mit völlig verschiedenen Erkrankungen (z. B. Parkinson und Depression) können denselben Pflegegrad haben, wenn ihr Hilfebedarf im Alltag ähnlich ist. Der Pflegegrad sagt nichts über die Krankheit aus, sondern misst den Grad der eingeschränkten Selbstständigkeit.

Für wen ist das besonders relevant?

  • Für ältere Menschen, die zunehmend auf Unterstützung angewiesen sind

  • Für Menschen mit chronischen oder psychischen Erkrankungen

  • Für Angehörige, die Pflege organisieren und finanzieren müssen

  • Für alle, die rechtzeitig Beratung und Entlastung nutzen möchten

Ein Pflegegrad ist mehr als eine Einstufung er ist der Schlüssel zu gezielter Unterstützung und ein wichtiges Instrument, um Pflege würdevoll, verlässlich und gut organisiert zu gestalten ob zu Hause oder in einer Einrichtung.

Von der Pflegestufe zum Pflegegrad

Warum das alte System nicht mehr ausreichte

Bis Ende 2016 richtete sich die Unterstützung für Pflegebedürftige in Deutschland nach dem sogenannten Pflegestufen-Modell. Die Einteilung erfolgte dabei vor allem auf Basis der täglich benötigten Pflegezeit, zum Beispiel für Hilfe beim Waschen, Anziehen oder bei der Nahrungsaufnahme. Doch diese Herangehensweise war unzureichend, besonders für Menschen, die geistig oder psychisch eingeschränkt, aber körperlich noch fit waren.

Das Problem: Zeit statt Bedarf

Menschen mit Demenz, Alzheimer oder psychischen Erkrankungen brauchten oft keine Hilfe beim Gehen oder Anziehen, sondern bei Orientierung, Tagesstruktur oder Sicherheit. Das alte System erkannte diesen Betreuungsaufwand kaum an, sie fielen durch das Raster oder landeten in der sog. Pflegestufe 0, mit minimaler finanzieller Unterstützung.

✅ Die Lösung: Einführung der Pflegegrade (ab 2017)

Mit dem Zweiten Pflegestärkungsgesetz (PSG II) kam zum 1. Januar 2017 ein grundlegender Wandel: Die drei bisherigen Pflegestufen wurden abgeschafft und durch fünf Pflegegrade ersetzt.

Der entscheidende Paradigmenwechsel:

“Nicht mehr die Pflegezeit zählt – sondern der Grad der Selbstständigkeit im Alltag.”

Dieser zentrale Ausdruck definiert die Pflegebedürftigkeit besser und zeitgemäßer. Nun werden auch kognitive und psychische Einschränkungen voll berücksichtigt. Das neue System bewertet Beeinträchtigungen in sechs Lebensbereichen, darunter Mobilität, Kommunikation, Selbstversorgung und Alltagsleben – ganzheitlich und fair.

Automatische Umstellung der Pflegebedürftigen

Alle Personen mit anerkannter Pflegestufe wurden am 01.01.2017 automatisch in einen entsprechenden Pflegegrad übergeleitet. Maßgeblich für die Überführung war, ob eine eingeschränkte Alltagskompetenz vorlag (z. B. bei Demenz). Diese bestimmt, ob ein oder zwei Grade hinzuaddiert wurden.

Alte Pflegestufeohne Alltagskompetenzmit Alltagskompetenz
Pflegestufe 0Pflegegrad 2
Pflegestufe 1Pflegegrad 2Pflegegrad 3
Pflegestufe 2Pflegegrad 3Pflegegrad 4
Pflegestufe 3Pflegegrad 4Pflegegrad 5
HärtefallPflegegrad 5Pflegegrad 5

Pflegegrad 1 – erstmals mit im System

Ganz neu war der Pflegegrad 1, der insbesondere Personen mit leichten Einschränkungen offensteht. Diese Menschen bekamen früher keine Leistungen heute haben sie u. a. Anspruch auf:

  • 💡 Pflegehilfsmittel zum Verbrauch (z. B. Desinfektionsmittel, Handschuhe, Mundschutz)

  • 🧾 Entlastungsleistungen

  • 📞 Pflegeberatung

Warum das neue System gerechter ist

Mit der Einführung der Pflegegrade wurde das Pflegesystem stärker am tatsächlichen Bedarf ausgerichtet – unabhängig davon, ob die Einschränkung körperlich, geistig oder psychisch ist. Das sorgt für:

  • ✔️ Mehr Gerechtigkeit für Menschen mit Demenz oder psychischen Erkrankungen

  • ✔️ Eine realistische Einschätzung des Pflegebedarfs

  • ✔️ Entlastung der Angehörigen durch passgenaue Leistungen

  • ✔️ Frühzeitige Versorgung – auch bei leichten Einschränkungen

Ein Pflegegrad ist heute weit mehr als eine administrative Einstufung: Er ist das Tor zu Versorgung, Unterstützung und Lebensqualität.

📌 Tipp: Wer neu pflegebedürftig wird, sollte sich schnellstmöglich beraten lassen und einen Antrag bei der Pflegekasse stellen – denn jede Woche zählt für Ihre Ansprüche.

Pflegebedürftigkeit verstehen: Was heute zählt

Seit der großen Reform im Jahr 2017 wurde nicht nur das System der Pflegestufen durch Pflegegrade ersetzt – auch der Begriff der Pflegebedürftigkeit wurde grundlegend überarbeitet. Heute steht nicht mehr im Vordergrund, wie viel Zeit für Pflege aufgewendet werden muss, sondern wie stark eine Person im Alltag eingeschränkt ist – körperlich, geistig oder psychisch.

Was bedeutet „pflegebedürftig“ heute?

Die gesetzliche Grundlage liefert § 14 des Sozialgesetzbuches XI (SGB XI):

Pflegebedürftig sind Menschen, die aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen ihre Selbstständigkeit oder Fähigkeiten im Alltag dauerhaft (mind. 6 Monate) nicht mehr allein bewältigen können – und deshalb auf Unterstützung durch andere angewiesen sind.

Diese Definition bringt einen klaren Perspektivwechsel: Nicht die Pflegezeit zählt, sondern der Grad der Selbstständigkeit.

Der große Unterschied: Früher vs. Heute

Früher (Pflegestufen)Heute (Pflegegrade)
Fokus auf körperliche PflegeGanzheitlicher Blick: Körper, Geist & Psyche
Messung in Pflegeminuten pro TagBewertung der Alltagskompetenz in sechs Modulen
Psychische Erkrankungen kaum berücksichtigtPsychische & geistige Einschränkungen gleichwertig
Demenz oft unterversorgtAnspruch auf Pflegegrad ab leichten Beeinträchtigungen

Wie wird Pflegebedürftigkeit heute festgestellt?

Nach dem Antrag auf einen Pflegegrad beauftragt die Pflegekasse den Medizinischen Dienst (MD) oder bei Privatversicherten MEDICPROOF. Die Begutachtung erfolgt in der Regel zu Hause und basiert auf einem standardisierten Verfahren: dem Neuen Begutachtungsassessment (NBA).

Dabei werden die Fähigkeiten in sechs Lebensbereichen (sogenannten Modulen) beurteilt. Je nach Ausprägung wird ein Punktwert vergeben, der gewichtet in die Gesamtbewertung einfließt.

Die sechs Module im Überblick

ModulLebensbereichGewichtung in der Gesamtbewertung
🚶 Modul 1Mobilität (z. B. Aufstehen, Fortbewegung)10 %
🧠 Modul 2 + 3Kognition & Verhalten (z. B. Orientierung, Ängste)15 %
🧼 Modul 4Selbstversorgung (z. B. Körperpflege, Essen)40 %
💊 Modul 5Umgang mit Krankheiten & Therapien (z. B. Medikation, Arztgänge)20 %
🏡 Modul 6Alltagsgestaltung & soziale Kontakte (z. B. Tagesstruktur, Gespräche)15 %

Beispielhafte Fragen aus der Begutachtung

  • Mobilität: Kann sich die Person alleine im Wohnbereich fortbewegen?

  • Kognition: Erkennt sie vertraute Personen oder den Tagesablauf?

  • Verhalten: Kommt es zu Unruhe in der Nacht oder aggressiven Phasen?

  • Selbstversorgung: Ist sie in der Lage, sich eigenständig zu waschen?

  • Therapie: Wird Hilfe beim Einnehmen von Medikamenten benötigt?

  • Alltag: Kann sie Gespräche führen oder Aufgaben planen?

Warum das wichtig ist

Die neue Definition von Pflegebedürftigkeit ist moderner, fairer und realistischer. Sie berücksichtigt nicht nur körperliche, sondern auch geistige und seelische Einschränkungen – und stellt die Lebensqualität der Betroffenen in den Mittelpunkt.

✔️ Auch Menschen mit Depressionen, Demenz oder psychischen Erkrankungen haben heute Zugang zu Leistungen.
✔️ Die individuelle Lebenssituation entscheidet – nicht starre Minutenwerte.
✔️ Pflegebedürftigkeit kann sich verändern – ein Antrag auf Höherstufung ist jederzeit möglich.

📌 Pflegebedürftigkeit heute bedeutet: Unterstützung dort, wo der Alltag schwerfällt – egal ob durch körperliche, geistige oder seelische Gründe. Der Fokus liegt auf dem, was wirklich zählt: Selbstbestimmung, Lebensqualität und individuelle Hilfe.

Pflegegrad beantragen: So läuft die Begutachtung ab

Bevor Leistungen der Pflegeversicherung genutzt werden können, ist ein entscheidender Schritt notwendig: die offizielle Feststellung des Pflegegrads. Grundlage dafür ist ein strukturiertes Begutachtungsverfahren – durchgeführt durch den Medizinischen Dienst (MD) bei gesetzlich Versicherten oder durch MEDICPROOF bei Privatversicherten.

Schritt 1: Pflegegrad bei der Pflegekasse beantragen

Alles beginnt mit einem formlosen Antrag – dieser kann telefonisch, schriftlich oder per E-Mail bei der Pflegekasse gestellt werden. Wichtig zu wissen: Die Pflegekasse ist der jeweiligen Krankenkasse angegliedert.

📌 Das Datum des Antragseingangs ist entscheidend, da Leistungen rückwirkend ab diesem Tag gezahlt werden können. Auch Angehörige oder gesetzliche Betreuer:innen dürfen den Antrag im Namen der betroffenen Person stellen.

Nach Antragstellung sollte die Pflegekasse innerhalb von 14 Tagen einen Pflegeberatungstermin anbieten. Dieser kann bei der Orientierung und Antragstellung sehr hilfreich sein.

Schritt 2: Hausbesuch durch den Medizinischen Dienst

Wenige Wochen nach Antragstellung meldet sich der Medizinische Dienst und vereinbart einen Termin zur Begutachtung vor Ort. Diese findet in der Regel im Wohnumfeld der pflegebedürftigen Person statt, kann aber auch im Krankenhaus oder Pflegeheim erfolgen.

Ein:e geschulte:r Gutachter:in prüft, wie stark die Selbstständigkeit eingeschränkt ist. Angehörige oder Pflegepersonen sollten beim Termin anwesend sein – sie können wichtige Alltagserfahrungen beisteuern.

💡 Tipp: Führen Sie im Vorfeld ein Pflegetagebuch, um den tatsächlichen Hilfebedarf zu dokumentieren – das kann die Einschätzung erleichtern.

Schritt 3: Systematische Prüfung mit dem „Neuen Begutachtungsassessment“ (NBA)

Die Begutachtung erfolgt nach einem bundesweit einheitlichen Verfahren: dem Neuen Begutachtungsassessment (NBA). Dabei bewertet der MD oder MEDICPROOF die Einschränkungen in sechs Lebensbereichen – darunter Mobilität, Kommunikation, Selbstversorgung oder der Umgang mit Krankheiten.

Die Gutachter:innen arbeiten strukturiert:

  • Sie stellen gezielte Fragen (z. B. zu Körperpflege, Orientierung, Medikamenteneinnahme).

  • Sie beobachten Verhalten und Bewegungsabläufe im Alltag.

  • Sie beziehen vorhandene Arztberichte und Pflegeunterlagen mit ein.

Das Ziel: ein realistisches Bild vom Pflegebedarf und der alltäglichen Belastung zu gewinnen.

Schritt 4: Punktevergabe & Pflegegrad-Zuordnung

Alle Informationen aus der Begutachtung fließen in ein Punktesystem ein. Je nach Ausprägung der Einschränkungen ergibt sich ein Wert zwischen 0 und 100. Dieser Punktwert entscheidet über den Pflegegrad – und damit über den Leistungsumfang.

PflegegradPunktwertBedeutung
Pflegegrad 112,5 – 26Geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
Pflegegrad 227 – 47Erhebliche Beeinträchtigung
Pflegegrad 347,5 – 69Schwere Beeinträchtigung
Pflegegrad 470 – 89Schwerste Beeinträchtigung
Pflegegrad 590 – 100Schwerste Beeinträchtigung mit besonderem Pflegebedarf

Die Pflegekasse erhält das Gutachten und verschickt anschließend den offiziellen Bescheid inklusive Pflegegrad und Leistungsinformationen an die Antragsteller:innen.

Und wenn sich der Zustand verändert?

Pflegebedürftigkeit ist dynamisch – sie kann sich im Laufe der Zeit verschärfen. Deshalb können Betroffene oder Angehörige jederzeit eine Höherstufung beantragen. Auch das geschieht formlos über die Pflegekasse. Nach erneuter Begutachtung wird dann geprüft, ob ein höherer Pflegegrad gerechtfertigt ist.

Fazit: Wer die vier Schritte kennt und sich gut vorbereitet, sorgt für eine faire Einstufung – und erhält schneller Zugang zu Leistungen, Unterstützung und Entlastung im Pflegealltag.

Pflegegrad beantragen – Schritt für Schritt

Wer plötzlich mit einer Pflegesituation konfrontiert ist – sei es durch Alter, Krankheit oder einen Unfall – steht oft vor einer organisatorischen Herausforderung. Der wichtigste Schritt, um überhaupt Hilfe zu erhalten, lautet: Pflegegrad beantragen. Denn erst mit einem anerkannten Pflegegrad besteht Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung – von Pflegegeld über Hilfsmittel bis zur Tagespflege.

1. Pflegekasse informieren

Zunächst muss die Pflegekasse kontaktiert werden – sie ist der Krankenkasse der betroffenen Person angeschlossen. Der Antrag kann formlos erfolgen, z. B. per:

  • Brief

  • E-Mail

  • Telefonanruf

📝 Tipp: Für die Nachvollziehbarkeit empfiehlt sich eine schriftliche Antragstellung, denn das Eingangsdatum ist entscheidend: Es gilt als Stichtag für die rückwirkende Leistungsberechnung – selbst wenn sich die Prüfung noch hinzieht.

2. Antragsformular ausfüllen

Nach der formlosen Kontaktaufnahme sendet die Pflegekasse ein offizielles Antragsformular zu. Dort werden u. a. folgende Informationen abgefragt:

  • Persönliche Daten der pflegebedürftigen Person

  • Wohnsituation

  • Art der gewünschten Versorgung (z. B. zu Hause oder stationär)

👥 Gut zu wissen: Kostenlose Unterstützung beim Ausfüllen bieten

  • Pflegeberater:innen der Kasse

  • Pflegestützpunkte vor Ort

  • oder soziale Beratungsstellen

3. Begutachtung durch MD oder MEDICPROOF

Liegt der Antrag vor, wird ein Gutachten beauftragt. Gesetzlich Versicherte werden durch den Medizinischen Dienst (MD) begutachtet, Privatversicherte durch MEDICPROOF.

🔍 Die Begutachtung findet in der Regel im häuslichen Umfeld oder im Pflegeheim statt – dort, wo die Unterstützung tatsächlich stattfindet. Geprüft wird systematisch:

  • In welchen Lebensbereichen ist Hilfe nötig?

  • Wie selbstständig ist die betroffene Person noch?

  • Wie stark sind körperliche, geistige oder psychische Einschränkungen?

👪 Angehörige sollten beim Termin anwesend sein und möglichst ein Pflegetagebuch mitbringen, um den Alltag realistisch darzustellen.

4. Pflegegrad-Bescheid erhalten

Nach dem Hausbesuch erstellt der Gutachter ein detailliertes Gutachten. Die Pflegekasse nutzt es als Entscheidungsgrundlage. Innerhalb von etwa 25 Arbeitstagen erhalten Sie:

  • den zugewiesenen Pflegegrad

  • eine Übersicht der bewilligten Leistungen

  • ggf. Hinweise zu Widerspruchsmöglichkeiten

⚠️ Eilverfahren: In dringenden Fällen z. B. bei einer bevorstehenden Entlassung aus dem Krankenhaus kann eine schnellere Begutachtung beantragt werden.

5. Pflege organisieren und Leistungen beantragen

Mit dem Pflegegrad in der Hand können Betroffene und Angehörige nun aus einem Leistungskatalog auswählen z. B.:

  • Pflegegeld (bei Pflege durch Angehörige)

  • Pflegesachleistungen (bei Pflege durch Profis)

  • Pflegehilfsmittel (z. B. Pflegebetten, Hygieneprodukte)

  • Entlastungsleistungen und Wohnraumanpassung

💬 Eine Pflegeberatung hilft dabei, die passenden Angebote zu finden – kostenlos und individuell.

6. Höherstufung beantragen, wenn sich der Zustand verändert

Pflegebedürftigkeit ist kein fester Zustand. Wird die Betreuung aufwändiger – z. B. nach einem Krankenhausaufenthalt oder bei fortschreitender Erkrankung –, kann jederzeit eine Höherstufung beantragt werden.

  • Der Antrag ist formlos bei der Pflegekasse zu stellen

  • Es folgt eine erneute Begutachtung

  • Anschließend erhalten Sie einen neuen Bescheid mit ggf. höherem Pflegegrad

📔 Tipp: Ein fortlaufend gepflegtes Pflegetagebuch ist auch hier eine große Hilfe, um den gestiegenen Aufwand zu dokumentieren.

Der Antrag auf einen Pflegegrad ist der Startpunkt für alle Unterstützungsangebote. Wer ihn früh stellt, gut vorbereitet ist und auf Beratung zurückgreift, legt den Grundstein für eine verlässliche, finanzierte und gut organisierte Pflege ob zu Hause, mit Hilfe von Angehörigen oder durch professionelle Dienste.

Leistungen nach Pflegegrad

Welche Unterstützung Ihnen zusteht einfach erklärt

Mit einem anerkannten Pflegegrad haben Pflegebedürftige Anspruch auf umfangreiche Leistungen aus der Pflegeversicherung. Diese sollen helfen, den Alltag zu bewältigen, pflegende Angehörige zu entlasten und eine würdige Versorgung zu sichern ob zu Hause, in einer Wohngemeinschaft oder stationär.

📌 Grundsatz: Je höher der Pflegegrad, desto umfangreicher die Leistungen. Hier finden Sie alle wichtigen Leistungen übersichtlich nach Pflegegrad aufgeschlüsselt.

Pflegegrad 1

Geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit

Pflegegrad 1 richtet sich an Menschen mit ersten Einschränkungen, die noch viel selbst erledigen können – aber punktuelle Unterstützung benötigen.

Leistungen:

  • 125 €/Monat Entlastungsbetrag (z. B. für Alltagshilfen oder Betreuung)

  • 42 €/Monat Pflegehilfsmittel zum Verbrauch (z. B. Handschuhe, Desinfektion)

  • Bis zu 4.000 € für Wohnraumanpassungen (einmalig)

  • Pflegeberatung & Schulungen für Angehörige

  • Teilnahme an Tages-/Nachtpflege möglich

  • 214 €/Monat Wohngruppenzuschlag bei ambulanten Wohnformen

Kein Anspruch auf Pflegegeld oder Pflegesachleistungen

Pflegegrad 2

Erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit

Ab Pflegegrad 2 erhalten Pflegebedürftige erstmals Geld- oder Sachleistungen für die Versorgung im Alltag.

Leistungen:

  • 💶 332 €/Monat Pflegegeld (bei Pflege durch Angehörige)

  • 👩‍⚕️ 760 €/Monat Pflegesachleistungen (bei ambulanter Pflege)

  • 125 €/Monat Entlastungsbetrag

  • Pflegehilfsmittel, Wohnraumanpassung, Pflegeberatung

  • 🏠 Kombinationspflege möglich (Pflegedienst + Angehörige)

  • 🌙 Tages-/Nachtpflege bezuschusst

  • 🧾 Kurzzeitpflege bis zu 1.774 €/Jahr

  • 🏥 Zuschuss stationäre Pflege: 770 €/Monat

Pflegegrad 3

Schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit

Leistungen:

  • 💶 573 €/Monat Pflegegeld

  • 👩‍⚕️ 1.431 €/Monat Pflegesachleistungen

  • 🏠 Tages-/Nachtpflege zusätzlich möglich – bis 1.431 €/Monat

  • 🧾 Kurzzeitpflege bis 1.774 €/Jahr

  • Alle weiteren Leistungen wie bei Pflegegrad 2

  • 🏥 Zuschuss stationäre Pflege: 1.262 €/Monat

Pflegegrad 4

Schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit

Leistungen:

  • 💶 765 €/Monat Pflegegeld

  • 👩‍⚕️ 1.693 €/Monat Pflegesachleistungen

  • Wie bei Pflegegrad 3

  • 🏥 Zuschuss stationäre Pflege: 1.775 €/Monat

Pflegegrad 5

Schwerste Beeinträchtigung mit besonderem Pflegebedarf

Leistungen:

  • 💶 947 €/Monat Pflegegeld

  • 👩‍⚕️ 2.095 €/Monat Pflegesachleistungen

  • 🏥 Zuschuss stationäre Pflege: 2.005 €/Monat

  • Alle Zusatzleistungen wie bei Pflegegrad 4

Kombinationspflege – Flexibel kombinieren

Wenn Pflege durch Angehörige und professionelle Dienste gemeinsam erfolgt, können Pflegegeld und Sachleistungen anteilig kombiniert werden.

Beispiel Pflegegrad 3:

  • 👩‍⚕️ 70 % Sachleistungen genutzt → 1.001,70 €

  • 💶 30 % Pflegegeld → 171,90 €

  • Gesamtleistung: 1.173,60 €/Monat

Das gibt Familien mehr Flexibilität bei der Pflegegestaltung.

Stationäre Pflege – Zuschüsse nach Pflegegrad

Für die Pflege im Heim beteiligt sich die Pflegekasse mit einem festen monatlichen Zuschuss, abhängig vom Pflegegrad. Weitere Kosten wie Unterkunft und Verpflegung müssen privat getragen werden – bei Bedürftigkeit ist ergänzende Sozialhilfe möglich.

💡 Zusatz-Tipp: Pflegehilfsmittel und der Entlastungsbetrag stehen ab Pflegegrad 1 zur Verfügung – unabhängig von anderen Leistungen. Diese Angebote sind oft leicht zugänglich und entlasten sofort. Wir bei Auxiliapflege bieten diese Pflegehilfsmittel zum Verbrauch an und übernehmen sowohl den Antrag bei der zuständigen Pflegekasse und den Versand.

🤝 Unterstützung & Beratung in der Pflege

So gelingt der Pflegegrad-Antrag mit Hilfe

Ein Pflegefall tritt oft unerwartet ein – und mit ihm eine Vielzahl an Fragen: Wie funktioniert der Antrag? Wer hilft mir dabei? Was ist zu beachten? In dieser emotional und organisatorisch herausfordernden Phase ist professionelle Beratung besonders wertvoll. Zum Glück gibt es verlässliche Anlaufstellen, die Betroffene und Angehörige durch den Prozess begleiten.

Pflegeberatung nach § 7a SGB XI

Ihr Recht auf kostenlose Unterstützung

Jede*r Pflegebedürftige – oder Angehörige – hat gesetzlich Anspruch auf eine individuelle Pflegeberatung. Diese ist kostenlos und unterstützt bei allen Fragen rund um den Pflegegrad und die Organisation der Pflege.

Dabei hilft die Pflegeberatung:

  • ✅ Pflegegrad beantragen und Unterlagen richtig ausfüllen

  • ✅ Vorbereitung auf die Begutachtung durch den MD/Medicproof

  • ✅ Auswahl der passenden Pflegeleistungen und Kombinationsmöglichkeiten

  • ✅ Koordination häuslicher, ambulanter oder stationärer Pflege

Angeboten wird die Beratung durch:

  • 🏥 Pflegekassen (telefonisch oder persönlich vor Ort)

  • 🧭 Pflegestützpunkte (regionale Anlaufstellen)

  • 👩‍⚕️ Ambulante Pflegedienste (bei entsprechender Qualifikation)

  • 💻 Online-Beratung (teilweise kostenpflichtig, aber flexibel erreichbar)

💡 Hinweis: Innerhalb von 14 Tagen nach Antragstellung muss Ihre Pflegekasse einen Beratungstermin anbieten – das ist gesetzlich geregelt.

Hilfe beim Ausfüllen des Antrags

Der Pflegegrad kann zunächst formlos beantragt werden – etwa per Telefon, E-Mail oder Brief. Im nächsten Schritt erhalten Sie das offizielle Formular der Pflegekasse. Hier ist Genauigkeit entscheidend, denn falsche oder unvollständige Angaben können zu Verzögerungen oder Ablehnungen führen.

Hier lohnt sich professionelle Unterstützung:

  • Welche Angaben sind für die Begutachtung wichtig?

  • Wie beschreibe ich die Pflegesituation richtig?

  • Welche Leistungen (z. B. Sachleistungen, Pflegegeld, Kombination) sollen beantragt werden?

Eine kompetente Pflegeberatung kennt die häufigsten Stolperfallen – und hilft, diese zu vermeiden.

Weitere Anlaufstellen für Beratung & Orientierung

Neben der Pflegekasse gibt es viele weitere Stellen, die Unterstützung bieten – häufig kostenlos:

  • Sozialverbände wie VdK oder SoVD

  • Pflegestützpunkte (regional organisiert, persönlich erreichbar)

  • Hausärzt:innen oder Fachärzt:innen (für medizinische Einschätzung)

  • Familienberatungsstellen oder Seniorenbüros

Diese Angebote richten sich nicht nur an Pflegebedürftige, sondern auch an pflegende Angehörige – denn auch sie brauchen Entlastung, Orientierung und Zugang zu Wissen.

Sie müssen den Weg zum Pflegegrad nicht allein gehen. Nutzen Sie das Recht auf Beratung – ob bei der Antragstellung, bei der Pflegeorganisation oder bei Unsicherheiten zum Begutachtungstermin. Wer sich rechtzeitig informiert und begleitet wird, erhält schneller und zielgenauer die Unterstützung, die wirklich hilft.